Huay Xai, Laos, abends, in einem Restaurant, hinter mir fließt der Mekong. Ein schneller Tag, mit Rückenwind bin ich durch die Landschaft geflogen, noch schneller als vorgestern. Auch an der Grenze ging alles schnell, schnell raus aus Thailand hinaus, schnell rein nach Laos, mit einer kleinen Unterbrechung, auf dem On-Arrival-Visum im Pass steht der falsche Name.
Der Ort zieht sich am Fluss entlang, ein paar Bars, Restaurants und Guesthouses mit Backpackern, einige habe ich schon an der Grenze im Bus gesehen.
Gegen fünf Uhr war ich hier. Wo die Slowboat’s nach Luang Prabang starten habe ich noch nicht rausgefunden. Der Wasserstand ist niedrig, der Fluß fließt langsam. Zwei Tage auf dem Mekong, Ruhe und Gleichmäßigkeit, denke ich mir…

Laos - Strecke

Der Weg von Huay Xai nach Luang Prabang mit dem Slowboat auf dem Mekong in blau, dann weiter über Vang Vieng nach Vientiane; von dort wieder entlang des Mekong über Thakhek, Savannakhet und Pakse zu den Viertausend Inseln mit dem Fahrrad; Zeitraum 07.02. – 02.03.2020; Strecke: 1386 km

Über die Grenze gehts nur mit dem Bus, Huay Xai, Guesthouse mit Shop, der Slowboat-Anleger.

…zwei Tage später in Luang Prabang: Die zwei Tage auf dem Mekong haben den Eindruck hinterlassen, dass es ehr schnell als langsam weiter geht. Mit dem Fahrrad wäre der Weg hier her vielleicht 400 oder 500 km lang gewesen. Der Name „Slowboat“ suggeriert eine Langsamkeit die aber kaum dem Mekong mit seinem tiefen Wasserstand, einigen Stromschnellen, Verwirbelungen und Felsen entspricht. Das Boot ist ein öffentliches Verkehrsmittel auf dem neben vielen Touristen und einigen Local’s noch viel anderes transportiert wird. Gegen Ende der Tour ist es ziemlich überfüllt und einige der englischen Backpacker sind betrunken, mehr fällt ihnen wohl nicht ein.
Luang Prabang, die alte Hauptstadt von Laos, stellt zu den Bildern die sich entlang des Mekong zeigen einen denkwürdigen Kontrast dar: hier hat der Tourismus zu Wohlstand geführt, alles ist sauber und aufgeräumt, es gibt hunderte Restaurants, Hotels und Guesthouses, für alle Bedürfnisse der meist westlichen Touristen ist gesorgt. Davor, entlang des Flusses sieht man gerodete Berghänge, Feuer, Menschen die in einfachsten Strukturen leben, Straßen gibt es hier kaum, der große Fluss ist die Straße.

Auf dem Slowboat von Huay Xai nach Luang Prbang, Monsunwald vom Mekong aus, Leute am Fluss, Waldbrände, Luang Prabang

Der Weg nach Vang Vieng führt über und durch die Berge des nördlichen Laos. Eine Backpacker-Stadt, wieder mit vielen Hotels, Hostel’s, Bars, Restaurants, gefasst von einem Panorama aus mit Monsunwald bewachsenen Kalkstein-Karst-Bergen, am Nam Song Fluss.
Vang Vieng ist der Party-Ort der Backpacker in Laos, auch wenn die wildesten Zeiten wohl schon vorbei sind. In den Jahren 2011 und 2012 gab es hier viele tote Touristen, meist durch zu viel Alkohol und den Fluss. Das „Tubing“, sich in einem großen Wasserreifen von Bar zu Bar entlang des Flusses treiben lassen, war eine der beliebtesten Beschäftigung der Partytouristen. Heute ist es ruhiger. Wie in einem größeren Rhythmus, der sich immer wieder einstellt, laufe ich durch den Ort und schaue mir die Dinge, Gegebenheiten, das was sich vom Leben hier wohl wahrnehmen läßt, an. Die Menschen während sie an mir und ich an ihnen vorüber ziehe. Hier sind das später abends Kiosk-artige Geschäfte, Roller- und Fahrradverleihe, Geldautomaten, Restaurants, Ausflugs-Veranstalter für Kajak-Touren, Höhlen-Besuche, Fahrradtouren, Bustickets, die Hotels, Guesthouses, Essensstände mit Fruit-Shakes, Geldwechselstuben… In einem Restaurant an der Hauptstraße, das ich ausgewählt habe weil es leer und halbwegs ruhig ist: Fried Rice Pork, Papaya Salad not spicy, Beer, Lao Lager-Beer, LBC big 640 ml, Alc 5% VOL, Touristen laufen vorbei. Wie so oft liegt die Veränderung in der Wiederholung.

Die Lanschaft auf dem Weg von Luang Prabang nach Vang Vieng, der Kuang Si Wasserfall; Reisfelder; Restaurants am Nam Xong Fluss in Vang Vieng.

Davor bin ich auf einen der Berge hinauf gelaufen. Der Berg war höher als die Bergzüge die den Ort nach Westen hin einrahmen. Sieht man die Berge von oben wirken sie viel weniger dominant, sie sind nicht mehr die Elemente die einen landschaftlichen Raum bilden, von oben wirken sie hier vielmehr wie auf der Ebene abgesetzt.
Zu Fuß gehen, das ist anders als Rad zu fahren. Beim Gehen wird ein anderer Gedankenfluss sichtbar, dichter und direkter, beim Gehen gibt es kaum Ablenkung durch den Verkehr. Selten erreiche ich diesen Flow beim Radfahren… der Tag ist so entspannt, dass ich morgen vielleicht auch noch hier bleibe und ohne ein Vorhaben die Zeit vergehen lasse. Vor meinem Inneren Auge bilden sich die vor mir liegenden Strecken und Länder ab. Kambodscha, Thailand, Malaysia, Indonesien, dann Australien. Was werde ich nach Australien tun? Weite nach Neuseeland Reisen? Nach Südamerika? Dann nach Hause über Portugal, Spanien, Frankreich? Das ist weit weg. Heute ist der 316. Tag der Reise. 2020 ist ein Schaltjahr, also hat dieses erste Jahr hat 366 Tage, noch 50 Tage, dann bin ich ein Jahr unterwegs.
Welche Überraschungen und Erlebnisse liegen vor mir? Ich will weiter fahren wie ich auf den den Berg hinauf gestiegen bin. Fließend weiter, einfach weiter.

Nachts in Vang Vieng.

In Vientiane. Mittags bin ich zum Fluss gegangen. Vor der Stadt liegt eine tiefer gelegene Flussaue, in den Karten ist sie als Insel oder Halbinsel eingezeichnet. Wenn der Mekong in der Regenzeit einen höheren Wasserstand hat ist diese Landschaft wohl überflutet. Der Boden ist sandig. Über den abgebrannte Gräsern sieht man die einzelnen, über die Silhouette der üblichen Gebäudehöhe hinausragenden, Türme der neueren Hochhäuser. Manche noch unvollendet, stehen sie dort, wo sie eben gebaut wurden. Ein Stadtbild, ein Stil, eine einheitlicher Ausdruck ist aus europäischer Perspektive schwer zu erkennen – es wird gebaut wie es gerade möglich, notwendig oder gewollt ist – aber vielleicht ist das der notwendige Ausdruck des Ortes in der Gegenwart.
Das ist nach den zwei Tagen auf dem Slowboat die zweite Begegnung mit dem Fluss. Er scheint schmaler zu sein als bei Luang Prabang. Ruhig, fast wie ein See, liegt er in seinem Bett.

Vientiane, am Mekong.

Mein Weg führt entlang des Mekong-Unterlaufs in Richtung Kambodscha. Der Fluss liegt hier in einer ausgedehnten Ebene und bildet entlang der Städte Pakxan, Thakhek und Savannakhet wieder die Grenze zwischen Laos und Thailand, bis er kurz vor Pakse ins Landesinnere abbiegt.
Ich bin schnell unterwegs, die Städte ziehen an mir vorüber. Die Laoten, wie auch die wenigen Touristen, wirken entspannt und gelassen. Mir gefällt diese ruhige, unaufgeregte Atmosphäre in den Orten entlang des Flusses, die Erschöpfung am Abend und die frische des Morgens, wenn ich weiter fahre, auf der staubigen Straße, zusammen mit Mopeds, und Motorrädern, Pick Ups und LKWs, Bussen, kleinen, einachsigen Traktoren mit Anhängern und ab und zu einigen Fahrrädern, vorbei an unendlich vielen kleinen Läden und Restaurants in denen es fast immer das gleiche gibt, vorbei an Moped- und LKW-Werkstätten, Hütten, neuen, alten, unfertigen oder verlassenen Häusern, Reisfeldern, Baustellen, Tempeln… alles bezieht sich auf die Straße, organisiert sich entlang der Straße, selbst die Kühe, Ziegen, Hühner und die Hunde scheinen diesem Prinzip zu folgen…

Figuren am Denkmal eines bedeutenden Laoten, manchmal ist die Straße eine Piste, Hinterlassenschaften der Amerikaner findet man oft in Laos, Ein Tempel am Mekong.

Abends, an der Straße. Die Sonne ist untergegangen. Mein Zelt habe ich an einer Art unfertigen Service-Station aufgebaut. Zwei Frauen betreiben das kleine Restaurant hier. Außer mir gibt es keine Gäste. Ich bekomme eine Lao-Soup, die zweite für heute, diesmal mit viel Knoblauch. Ich wollte auf einem der aufgeständerten, überdachten Podeste, wenn man so will kleine Häuser, die in oft in den Reisfeldern und manchmal auch an der Straße stehen, übernachten. Aber seit einigen Kilometern sind die Reisfelder Plantagen gewichen und die sind meistens umzäunt. Schwer an der Straße einen Ort zum zelten zu finden. So bin ich hier gelandet oder angekommen, hinter dem kleinen Restaurant.
Schnell will ich weiter. Ich traue mich fast nicht es aufzuschreiben: 7 Tage 700 km, oder 9 Tage 900 km? Dann bin ich bei Si Phan Don, den Viertausend Inseln, das Finale meines Weges am Mekong? Auch in Kambodscha geht der Weg noch etwas entlang des Flusses.
Der Ort hier wirkt wie eine Heterotopie, unfertig und verlassen, an der Straße ein paar Häuser und weitere Restaurants. Ein Auto ist gekommen, der Motor läuft, der Fahrer kauft etwas. Ein kurzer Gedanke: Sind meine Sachen im Zelt sicher? Es sind nur ein paar Schritte dann dorthin. Die beiden Frauen sitzen an einem Tisch. Die jüngere, die Englisch spricht, ist gerade von einem der Häuser zurück gekommen, eine Katze läuft umher…

Hütten in trockenen Reisfeldern, Zeltplatz und ein leeres Restaurant.

Bei Champasak liegt der Bergtempel Wat Phu. Die Anlagen wurden vom 11. bis zum 13. Jahrhundert errichtet. Die Bauten des Tempels gliedern sich entlang einer Achse die vom Mekong, wo das historische Stadtzentrum lag, zu dem an der höchsten Stelle im Berg gelegenen Heiligtum des Tempels führt. Der Blick von dort verliert sich im Dunst über der Kulturlandschaft Ebene. Es entsteht erste Vorahnung von Ausdruck und Organisation der Khmer-Architektur.
Unten, in Champasak, der einstigen Hauptstadt des gleichnamigen Königreiches gibt, es noch einige Kolonialhäuser aus dem 19. Jahrhundert, dazwischen ein Paar Guesthouses und Resorts, hier ist nicht viel los. Abends sitze ich wieder mal als einziger Gast in einem Restaurant an der Hauptstraße, ein paar Kühe laufen vorbei und biegen an der nächsten Kreuzung ab. Etwas später kommen wieder Kühe, diesmal aus der anderen Richtung, auch sie biegen an der Kreuzung ab. Sonst ist hier wenig Verkehr.
Meistens teilen sich die Kühe die Straße mit Hunden und Hühnern. Die Hunde sind hier, wie auch in Indien, träge bis ängstlich. Vor ein paar Tagen sind mir zweimal welche hinterhergelaufen, ehr selten der Fall ist. Sind sie die geschunden Tiere der Landstraße. Heute habe ich gesehen wie einer von einem Pickup überfahren wurde.

Wat Phu bei Champasak, der Weg den Berg hinauf ist flankiert von Bäumen, der Blick in die Landschaft.

Si Phan Don – die Viertausend Inseln. Der Fluss ist hier überall. Don Det und Don Khon sind die am stärksten touristisch erschlossenen Inseln. Entlang der Ufer reihen sich Restaurants und Guesthouses, meist aufgeständerte kleine Hütten mit Blich zum Wasser. Feste Straßen gibt es hier keine, das Boot ist das Hauptverkehrsmittel in dem fließenden Labyrinth um die Inseln.
Wieder mal sitze ich abends in einem der Restaurants und bin der einzige Gast. Manchmal, wenn das Angebot zu groß ist und ich des Suchens nach dem schönsten Ort müde geworden bin, wähle ich einfach ein irgendein Restaurant. Es sind zu viele und fast alle sind leer. In regelmäßigen Abständen laufen Backpacker Pärchen vorbei, dazwischen einige auf Fahrrädern. Es ist dunkel, vom Wasser hört man ab und zu ein lautes Boot.
Ich bin heute ganz selbstverständlich über die Straße gerollt. Alle Gedanken die auftauchen sind mir auf die eine oder andere Art bekannt, Gedanken an oder über mehr oder weniger weit zurückliegende Zeiten, Geschehnisse durchwandern den Geist aber dazu ist schon alles gedacht. Der Kopf muss etwas tun. Manchmal gehen die Gedanken auch in die Zukunft jenseits der Reise, aber das ist weit weg.
Der Tag – ich bin ganz selbstverständlich über die Straße gerollt. Alle Gedanken die auftauchen sind mir auf die eine oder andere Art bekannt, Gedanken an oder über mehr oder weniger weit zurückliegende Zeiten, Geschehnisse durchwandern den Geist aber dazu ist schon alles gedacht. Der Kopf muss etwas tun. Manchmal gehen die Gedanken auch in die Zukunft jenseits der Reise, aber das ist weit weg… Die Inhaberin des Restaurants kommt etwas aufgeregt mit ihrem Mobiltelefon zu mir, ein Bekannter hat Ihr ein Link zu einem Video des Tsumanis von 2004 geschickt, sie fragt mich, ob das kürzlich geschehen ist…
Don Det, die Insel auf der ich ein paar Tage bleibe, ist nicht groß, vielleicht 3 km lang und an der breitesten Stelle etwas mehr als 1 km breit. Über eine alte Eisenbahnbrücke ist sei mit der Nachbarinsel Don Khon verbunden. Eine etwa 7 km lange Bahnstrecke verband wurde Ende des 19. Jahrhunderts von der Französischen Kolonialmacht gebaut um Kanonenboote über die Mekong fälle zu transportieren. Heute verläuft auf den Bahndämmen eine kleine Straße für Fahrräder und Roller. Autos gibt hier fast keine. Von Don Khon kommt man zu den Li Phi Fällen, einem Teil der Mekong Fälle. Die Viertausend Inseln bilden eine Art Binnendelta das von den Mekong Fällen nach Süden hin begrenzt wird. Vor den Fällen fächert sich der Fluss über gut 25 km auf und fällt dann auf einer Breite von etwa zehn Kilometern über unzählige Kaskaden um 21 Meter ab. Der größte Wasserfall Südostasiens.

4000 Islands, Li Phi Wasserfälle und Boote.

siehe auch: