Nach Kambodscha. In der Grenzregion zu Laos sind ist die Straße leer. Es gibt kaum Grenzverkehr zwischen beiden Ländern. Der äußere Eindruck des entlang des Weges in Laos war der einer gelassenen Geschäftigkeit. Es wird viel gebaut, die Menschen sind dabei ihren Lebensstandard zu verbessern.
Der staubige National Highway 7 führt nur durch wenige Ortschaften, in einigem Abstand zum Mekong, bis nach Stung Treng. Die Gegend wirkt verlassen.
Kambodscha war nach dem Ende der Schreckensherrschaft der Roten Khmer eines der ärmsten Länder der Welt. Mittlerweile gehört es seit einiger Zeit zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften. Seit den 1990er Jahren wurden große Teile des Regenwaldes gerodet und das Holz weltweit verkauft. Verdient haben daran wohl nur wenige wenige. Was bleibt ist eine unwirtliche, wüst wirkende Landschaft. Ab und zu sieht man neu angelegte Felder und Plantagen. Mit dem Verschwinden des Regenwaldes ist auch der Grundwasserspiegel gesunken, das Wasser ist in der Trockenzeit knapp.
Wie auch im Norden Thailands und in Laos gehen die Bauern gehen der Gewohnheit nach die Felder abzubrennen. Hitze, Rauch und Staub. Über einige hundert Kilometer fahre ich durch eine solche Landschaft.
Der Weg vom einzigen Grenzübergang zwischen Laos und Kambodscha nahe den Khone Phapheng Wasserfällen über Stung Treng, Preah Vihear, Siem Reap, Sisophon und Battambang nach Pailin an der Grenze zu Thailand; Zeitraum: 02.03 – 11.03.2020; Strecke: 663 km.
Nach Stung Treng überquere ich zum letzten mal den Mekong. Sein Hauptarm ist hier gut zwei Kilometer breit. Fast einen Monat und über 1500 km war der in Kambodscha Tonle Thom – „Großer Fluss“ genannte Strom mein Begleiter. Indirekt begegnet er mir noch mal zwischen Siem Reap und Battambang. Im Juni, ab dem Beginn der Monsun-Zeit, führt der Mekong etwa vier mal so viel Wasser wie in der Trockenzeit. Dann kehrt sich wegen der großen Wassermenge die Fließrichtung des Tonle Sap Flusses, der weiter südlich bei Phnom Penh in den Mekong mündet, um und fließt in den Tonle Sap See, eines der fischreichsten Binnengewässer. Die Fläche des Sees vergrößert sich von etwa 2500 km² auf 10.000 km² und die Tiefe steigt von 2-3 m auf etwa 14 m. Ein einzigartiges Phänomen, das jährlich mit dem Wasserfest Bon Om Touk gefeiert wird.
Derzeit planen alle Mekong Anrainer den Bau von Staudämmen. Die Folgen für den See sind dabei kaum absehbar.
Wie der Weg durch Laos ist auch der Weg durch Kambodscha eine Art Fahrrad-Rausch. Was zieht mich weiter? Wohl kaum der ruhige, fast wie ein See in sein Bett liegende, große Fluss. Fast ohne Pausen fahre ich in drei Tagen von der Grenze bis nach Siem Reap, der Touristenstadt bei den Ruinen von Angkor.
Eine Szene am Straßenrand: Ich habe am angehalten um etwas zu essen und winke einem der gelegentlich vorbei fahrenden kleinen Traktoren zu. Der Fahrer hat das wohl als Einladung verstanden, er hält unmittelbar an und kommt zu mir gelaufen. Ich gebe ihm einige der Kokos-Kuchen die ich gerade essen, er nimmt sie, grüßt kurz und geht wieder zu seinem Traktor und fährt weiter…
Siem Reap, die südlich von Angkor gelegene Stadt ist das touristische Zentrum des Weltkulturerbes. Riesige Hotelanlagen reihen sich schon vor der Stadt an den Zubringern, hier kehrt sich die Verlassenheit um in ein hektisches Treiben. Die Innenstadt ist voll von Hotels, Hostels, Restaurants, Essenständen, Bars, Shops. Im Ausgeh-Zentrum, der Pub Street und den anschließenden Märkten, feiern die Pauschaltouristen aus aller Welt. Es ist laut, alle paar meter werde ich angesprochen, TukTuk Fahrer die mir Drogen verkaufen wollen, Massagen, Prostituierte, betrunkene Touristen…
Aber das ist nur die halbe Show: Viele Hotels und Restaurants sind leer, wegen des sogenannten Coronavirus fehlen die Touristen aus China, die einen Großteil der Besucher ausmachen. Überhaupt sei die Saison nicht gut gelaufen, erzählt mir der Betreiber des etwas außerhalb des Trubels gelegenen Hostels in dem ich für 3 $ übernachte. Hier gibt es ein anders Bild als in der Pub Street. Viele der kleinen Restaurants und Cafés werden von Ausländern geführt. Man trifft Expatriates und Reisende mit ihren Geschichten…
Angkor, die Region der Hauptstädte des Khmer Reiches vom 9. bis zum 15. Jahrhundert. Wie viele Tempel habe ich besucht? Wie viele Steine habe ich gesehen?
Steine waren im alten Khmer-Reich den sakralen Gebäuden vorbehalten, alle anderen Gebäude, auch die Paläste der Könige, waren auch aus Holz und sind wieder verschwunden. Die Laterit- und Sandsteine wurden auf für den Bau angelegten Wasserwegen zu den Baustellen gebracht, auf die notwendige Genauigkeit geschliffen und ohne Mörtel aufeinander und ineinander gefügt und dann weiter bearbeitet.
Eine monolithische Architektur die oft in von Galerien gefassten Terrassen angelegt ist und komplex verdichtete, fast wie Irrgärten wirken wirkende Raumfolgen bildet!
Die Anlagen sind immer achsial in Nord-Süd-Richtung angelegt und auf die Mitte hin ausgerichtet. Ein unglaublicher Detailreichtum in riesigen Dimensionen.
Die Bauten wurden meistens ohne ausreichende Fundamente errichtet, wenn man so will in den Sand gesetzt. Aufgrund der Erdbewegung, dem Regen, dem Klima, den Pflanzen… sind viele Teile der Bauten, meistens als erstes die Galerien, eingestürzt. Ein großes Puzzle!
Die Steine der eingestürzten Bauteile liegen meistens als Felder geordnet um die Bauten oder, wie bei dem mit Würgefeigen und Tetramelaceae überwachsenen Tempel Ta Prohm, einfach so wie sie gefallen sind. Die schönste Ruine!
Neun Temple und einige weitere Bauwerke habe ich besucht. In dem UNESCO Gebiet Angkor gibt es über hundert. ein unglaublicher Ort.
Zwei Tage verbringen ich bei den Tempeln von Angkor, dann ist der Speicher voll. Um in angemessener Distanz die inneren Eindrücke wirken zu lassen mache ich in Battambang eine Pause. Die Stadt ist in vielerlei Hinsicht das Angenehmere Siem Reap. Auch hier gibt es schöne Restaurants und Cafè’s, einige von Inhabern, die von Siem Reap genug hatten. Das Zentrum ist überschaubar und aufgeräumt…
Südwestlich von Battambang, auf dem Weg zur thailändischen Grenze nach Pailin, liegt, als weithin sichtbare Landmarke in der sonst flachen Landschaft, der Phnom Sampeau, ein von mehreren Höhlen durchzogen Berg. Auf dem Berg liegt eine der Killing Caves der Roten Khmer. Heute befindet sich dort eine buddhistische Tempelanlage mit einem Skulpturenpark, der wohl eine Auseinandersetzung mit den brutalen Ereignissen darstellt. Auf mich wirken diese Skulpturen seltsam unnahbar, nicht in ihrem künstlereichen, sondern mehr in eine unbeholfenen, naiven Ausdruck. Fast als seien sie Bilder von Kindern. Die teilweise expliziten Darstellungen von Gewalt scheinen, ob gewollt oder unbewußt, die Täter wie Opfer durch andere Akteure zu ersetzen, ja in einen anderen Kulturraum zu transferieren.
Jeden Abend zur Dämmerung verlassen zehntausende von Fledermäusen ein andere Höhle im Berg. Einige Kambodschaner sehen darin die Seelen der von den Roten Khmer getöteten, die jede Nacht, wieder und wieder, die Freiheit suchen.
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